München, Juli 2025 – Was jahrzehntelang in vielen Münchner Wohnvierteln zum Alltag gehörte, sorgt nun für politischen Streit, Anwohnerproteste und zunehmend nervöse Autofahrer: das Gehwegparken. Die Zeiten stillschweigender Duldung sind vorbei – stattdessen wächst der Druck auf Falschparker, während zugleich der Parkplatzmangel in der Stadt weiter eskaliert. In Vierteln wie Ramersdorf werden derzeit zahlreiche Parkplätze auf dem Gehweg aktiv verboten, was bei vielen Anwohnern zu Frust führt. Zugleich nimmt die Diskussion rund um den ohnehin angespannten Parkraum in der Stadt weiter Fahrt auf.
Parkdruck trifft Realität: Das Beispiel Ramersdorf
Besonders deutlich wird der Wandel in der Berger-Kreuz-Straße in Ramersdorf. Dort wurden vor Kurzem mehrere Halteverbote eingerichtet – auslösend waren Beschwerden von Anwohnern und Meldungen über Online-Portale. Zunächst ahndete die Polizei das halbseitige Gehwegparken mit Strafzetteln, woraufhin die Fahrzeuge auf die Fahrbahn auswichen. Das hatte jedoch neue Folgen: Buslinien wurden ausgebremst, Verspätungen häuften sich.
Ironischerweise stellte eine spätere Analyse der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) fest, dass die Busse ausgerechnet während des Gehwegparkens am störungsfreiesten durchs Viertel kamen. Erst das vollständige Verbot führte zu Engpässen – was die Debatte weiter anheizt.
Anwohnerkritik: „Vorher war genug Platz für alle“
Nicht alle Münchnerinnen und Münchner stehen hinter dem neuen Kurs. Anwohner berichten von zunehmendem Parksuchverkehr, Problemen beim Be- und Entladen sowie eingeschränkten Möglichkeiten für Pflege- und Lieferdienste. Manche fordern eine pragmatischere Lösung – etwa die gezielte Legalisierung des Gehwegparkens dort, wo genug Platz für Fußgänger bleibt.
In Ramersdorf etwa liegen die Gehwege häufig bei über 2,80 Metern Breite. Für viele Bürger sei unverständlich, warum auf diesen Abschnitten nicht weiter halbseitig geparkt werden darf. Stattdessen hätten sich die Halteverbote zu einem Symbol für ausufernde Regulierungen entwickelt – so zumindest die Kritik.
Politik im Wahlmodus: Zwischen Abschaffen und Legalität
Im Münchner Rathaus ist die Haltung derzeit klar: Die rot-grüne Stadtregierung verfolgt das Ziel, den Gehweg wieder als ungestörten Fußgängerraum zu etablieren. Das Mobilitätsreferat spricht von einer notwendigen Rückeroberung des öffentlichen Raums – vor allem in engen Straßen.
Die CSU hingegen sieht das anders. OB-Kandidat Clemens Baumgärtner verspricht im Falle eines Wahlsiegs 2026 eine flächendeckende Legalisierung des Gehwegparkens – mit Markierungen und Beschilderung. Seine Botschaft: „Platz genug für alle – ohne Ideologie.“
Eine Frage der Balance
Fest steht: München wächst, und der öffentliche Raum wird knapper. Die Frage, wem wie viel Platz zusteht, wird zur Kernfrage der Mobilitätspolitik – und die Lösung ist alles andere als einfach.
Gehwegparken war nie gesetzlich erlaubt, aber oft die praktikabelste Lösung – ein stiller Kompromiss zwischen Realität und Regelwerk. Heute steht es im Kreuzfeuer zwischen Verkehrsrecht, Umweltschutz, Fußgängersicherheit und der schlichten Notwendigkeit, irgendwo sein Auto abzustellen.
Klar ist: Die Auseinandersetzung um das Gehwegparken wird München auch in den kommenden Monaten – und wohl bis zur Kommunalwahl 2026 – weiter begleiten. Bis dahin bleibt das Parken ein täglicher Balanceakt zwischen Ordnung, Pragmatismus und politischen Grundsatzfragen.
Dabei rückt eine Frage immer stärker in den Fokus: Mehr Lebensqualität für alle – aber mit wie viel Parkraum?